Dienstag, 11. Oktober 2011

Der grosse Schritt in die Familien

Gestern hatten wir einen harten Tag. Die Schueler hatten den Schritt in ihre Gastfamilien gemacht. Hatten wir es zusammen doch so gut gehabt. Die erste grosse Umstellung war der Umzug vom schoenen Schwesternhaus 'siehe Bild' in das sehr viel einfachere Gaestehaus. Alle haben sich aber schnell gewoehnt. Das Miteinander am Strand waehrend des Picknicks war nicht einfach, man wusste immer noch nicht so recht, worueber man reden sollte, alle standen unter Anspannung. Der Strand und das Meer sind uebrigens unglaublich schoen.
 
am Strand von Lomé

Wir sahen uns ja nicht das erste Mal, aber einige Eltern kamen neu hinzu. Einige SchülerInnen fuehlten sich auch koerperlich nicht so gut, waren muede, hatten Bauchgrummeln. Wer sich traute, ging gleich allein mit in eine Familie, andere zu zweit, so dass nicht jeder Austauschueler einen Partner mit nach Hause nehmen konnte.

Am naechsten Morgen um 7 Uhr in der Schule trafen wir uns alle zum Morgenappell, der eine Dreiviertelstunde dauert (Gebet, Aktuelles, z.B. Verhalten, wenn der Lehrer noch nicht da ist, Umgang mit Handys) Es wird dann die togolesische Fahne gehisst und die Hymne gesungen. Die Schueler kommen entweder zu Fuss oder mit Autos und Taxis in die Schule: Wir haben einen Klassenraum fuer uns, in dem wir arbeiten und uns immer treffen. Wir werden von der Schule mit leckerem Picknick versorgt. 

Die Schueler hatten viele Fragen nach der ersten Nacht und waren verunsichert. Es gab auch Missverstaendnisse, die geklaert werden mussten. Es gab Traenen und Heimwehattacken. Wir haben gemeinsam mit Herrn Olympio und dem Deutschlehrer die ersten Familien besucht und werden dies auch weiterhin tun. Alle Familien sind sehr bemueht und versuchen, es uns so schoen, wie moeglich zu gestalten. Sie fragen nach den Essgewohnheiten, kaufen extra ein, schaffen einen neuen Ventilator an, rufen bei Verstaendigungsschwierigkeiten Verwandte in Deutschand an etc. Wir merken, dass alle Kinder gut untergekommen sind. Wir rufen die Kinder abends an, damit sie sich sicher fuehlen. Nach der zweiten Nacht geht es nun schon viel besser, alle haben sich etwas entspannt. Trotzdem merken wir alle, dass wir noch schnell erschoepft sind, die vielen Eindruecke, das Klima, das Essen, die Unsicherheiten...

Zwischen Deutschland und Afrika liegen Welten, aber wir sind ja u. a. hier, um uns anzunaehern, eine Bruecke zu bauen, uns fuer Fremdes zu oeffnen und zu versuchen, einander besser zu verstehen. Aller Anfang ist schwer, es ist eine Grenzerfahrung, die uns auch Kraft kostet, aber es ist so wunderschoen. Die Schueler verinnerlichen immer mehr die afrikanische Mentalitaet "Es kommt, wie es kommt". Das Vertrauen waechst und alle werden flexibler. Alles wird sich entwickeln - morgen gehen wir ins Goetheinstitut, am Wochenende wollen wir einen Ausflug Richtung Norden anpeilen, mal sehen, ob es klappt. Flexibilitaet ist hier alles.. Ich sitze hier in einem abenteuerlichen Internetcafé bei afrikanischer Musik und lerne langsam, mit der fremden Tastatur umzugehen ...

6 Kommentare:

  1. Liebe Frau Kühl,
    vielen Dank für die ausführlichen Informationen. Auch für die Hiergebliebenen ist alles sehr spannend und natürlich bin ich auch neugierig, wie alles verläuft. Haben die Kinder eigentlich auch in den normalen Klassen Unterricht? Es wäre ja schön, wenn alle mit ein wenig Französischkenntnissen zurückkehren. Ich wünsche allen, dass sie gesund bleiben und nicht zu sehr unter der Malariaprophylaxe (z.B. Müdigkeit)leiden. Lieber Gruß an alle

    AntwortenLöschen
  2. Hallo Frau Freiwald-Kühl, vielen Dank für Ihre stimmungsvollen und offenen Worte. Aus den Rückmeldungen der Kinder können wir entnehmen, dass nicht alle Kinder gleich gut mit den Bedingungen vor Ort zurecht kommen. Aber das wird schon noch. Ich glaube, die Lage vor Ort wird sich nach der Eingewöhnung in den Familien etwas entspannen. Sie machen das bis jetzt ganz prima, auch mit den Berichten. Wir freuen uns auch schon auf den ersten Beitrag von Herrn Müller (oder arbeiten in Togo nur die Frauen ?)P.S. Das schöne Strandfoto ist nun auch online.

    AntwortenLöschen
  3. Liebe Leute fern der Heimat,
    habe mir heute gestattet, die Web-Adresse
    Eures wunderschönen und informativen Blogs
    einigen Zeitungsverlagen, dem NDR und
    Hamburg 1 bekannt zu geben. Woll'n ma schaun,
    ob und was sie daraus machen.
    Weiterhin tolle Stunden.

    AntwortenLöschen
  4. Liebe "Afrikaner/innen",

    seid alle herzlichst gegrüßt von eurem Abteilungsleiter. Erst der Hinweis von Melinas Vater zum bequemen Nutzen der Kommentarfunktion hat mich jetzt an die Tastatur gerufen. Verfolgt hatte ich den Blog natürlich und seit dem Wochenende kommt ja richtig "Bewegung" rein.
    Die "Fotostrecken" (danke Petra!) sind toll, rührend und berührend. Dort, liebe Schülerinnen und Schüler, seht ihr alle noch superentspannt, geradezu glücklich aus.
    Ich vermag sehr gut nachzuvollziehen, dass der Umzug in die Familien bei vielen von euch zunächst Unsicherheit, Bedrücktheit, vielleicht sogar Ängste ausgelöst hat. Aber gerade diese intensiven Momente werden euch besonders prägen. Es ist eine große Herausforderung, die ihr da gerade meistert: Die so andere Kultur, die fremden Menschen und dann die große Sprachbarriere. Da schwankt schon einmal der Boden unter den Füßen, da geht die Psyche auf Tauchstation, da sind Mama und Papa und das traute Heim plötzlich begehrenswerter denn je! Und wenn dann vielleicht auch noch der Bauch grummelt und die warm-schwüle Nacht einen nicht in den Schlaf lässt - dann fragt ihr euch eventuell: Auf was hab´ ich mich da eingelassen?
    - Hey!!: Auf etwas Supertolles, auf etwas Einmaliges in deinem jungen Leben! Keine Angst, keine Panik! Vertrauen und Gelassenheit, Freude und Neugier werden sich ganz schnell wieder einstellen. Und du wirst an dieser Herausforderung wachsen. VERSPROCHEN!

    Ich freue mich für euch, auf diese Art und Weise "Schule zu machen". Bei uns heißt es ja zuweilen "carpe diem" (nutze den Tag) - aber "es kommt wie es kommt" finde ich auch nicht schlecht. Da sollte ich mir mal eine Scheibe von abschneiden - auch in der Schule!

    Seid alle lieb gegrüßt.
    Euer Peter Heine

    AntwortenLöschen
  5. Liebe 10e-Schülerinnen und Schüler!
    Liebe Kolleginnen, lieber Kollege!
    Wieder einmal hat unser Abteilungsleiter den Nagel auf den Kopf getroffen - ich kann mich Herrn Heine in ganzer Länge nur anschließen.
    Es ist etwas ganz und gar einmaliges, erstmaliges, was ihr da erlebt. Dass ihr euch darauf eingelassen habt, ihr wisst es, erfüllt mich mit hohem Respekt vor eurem Mut! Ich bin richtig stolz auf euch.
    Ich soll eigentlich nicht viel vor dem PC sitzen - zur Zeit geht das aber nicht, weil es mich immer wieder in diesen Blog zieht.
    Vielen Dank auch an die fleißigen Elternhelfer im Hintergrund in diesem Zusammenhang.
    Ich freu mich sehr auf eure live-Berichte und sehr auf neue Blog-Einträge.
    Seid alle herzlich gegrüßt - ihr werdet euch schon nicht unterkriegen lassen.
    eure Frau v.Bismarck

    AntwortenLöschen
  6. Ich komme erst jetzt dazu,mir den Blog mal genauer anzuschauen - auch die Kommentare! Vielen Dank dafuer! Wir haben uns wirklich durchgekaempft, aber es geht uns jeden Tag besser! Die Schuelerinnen und die Schueler sowieso meckern immer weniger. Jeder Tag ist wie eine Pralinenschachtel - man weiss nie, was dran oderdrin ist ...


    Petra

    AntwortenLöschen